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Nach Millionen-Verlust: Stadt Taucha in Schockstarre | Taucha kompakt

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Veröffentlicht am 09.08.2016 19:24

Nach Millionen-Verlust: Stadt Taucha in Schockstarre

Es war eine ungewöhnliche Zeit für den Versand einer Pressemitteilung - zumindest für eine öffentliche Verwaltung. Um 19.57 Uhr erreichte Taucha kompakt gestern die Mitteilung, dass Tauchas Kämmerer und seine Stellvertreterin Petra Kostka beurlaubt wurden. Eine erste und wohl auch logische Reaktion darauf, dass offenbar entgegen aller Haushaltsgrundsätze 2,085 Millionen Euro risikobehaftet angelegt wurden - und diese Summe verloren ist. Grund für den späten Versand war, dass Bürgermeister Tobias Meier selbst erst am Donnerstagnachmittag von dem Verlust dieser hohen Summe in Kenntnis gesetzt wurde. Thomas Sauer wurde noch direkt beurlaubt, Petra Kostka am Freitag früh. Danach folgte für die Verwaltung und Fraktionen des Stadtrates die Einarbeitung in das Thema. Anwälte und Wirtschaftsprüfer wurden hinzugezogen. Am Montagnachmittag tagte dann noch regulär der Verwaltungsausschuss. Erst danach war überhaupt klar, mit welcher Mitteilung man an die Öffentlichkeit gehen soll.

Es war eine ungewöhnliche Zeit für den Versand einer Pressemitteilung - zumindest für eine öffentliche Verwaltung. Um 19.57 Uhr erreichte Taucha kompakt gestern die Mitteilung, dass Tauchas Kämmerer und seine Stellvertreterin Petra Kostka beurlaubt wurden. Eine erste und wohl auch logische Reaktion darauf, dass offenbar entgegen aller Haushaltsgrundsätze 2,085 Millionen Euro risikobehaftet angelegt wurden - und diese Summe verloren ist. Grund für den späten Versand war, dass Bürgermeister Tobias Meier selbst erst am Donnerstagnachmittag von dem Verlust dieser hohen Summe in Kenntnis gesetzt wurde. Thomas Sauer wurde noch direkt beurlaubt, Petra Kostka am Freitag früh. Danach folgte für die Verwaltung und Fraktionen des Stadtrates die Einarbeitung in das Thema. Anwälte und Wirtschaftsprüfer wurden hinzugezogen. Am Montagnachmittag tagte dann noch regulär der Verwaltungsausschuss. Erst danach war überhaupt klar, mit welcher Mitteilung man an die Öffentlichkeit gehen soll.

Die Nachricht vom Millionenverlust schlug ein - schon gestern und auch am heutigen Tag dominiert das Thema das Tauchaer Stadtgespräch. Auch in den sozialen Medien wird diskutiert. Immer wieder auftauchende Fragen sind: „Wie kann ein Kämmerer allein über so viel Geld verfügen?” und „Warum wusste der Bürgermeister nicht Bescheid?” Um diese Fragen zu beantworten, bedarf es dem grundsätzlichen Verständnis des Sächsischen Gemeindeordnung. Angesichts der frühen Sachlage waren offizielle Informationen nur spärlich zu bekommen, eine Antwort des Sächsischen Staatsministeriums des Innern als oberste Rechtsaufsichtsbehörde für die Landkreise, Städte und Gemeinden steht noch aus.

taucha-rathaus (Foto: taucha-kompakt.de)
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Grundsätzlich lässt sich aber sagen: Ein Kämmerer einer Stadt ist ein Finanzbeamter und genießt einen hohen Vertrauensstatus. Dieser ist auch nötig, damit er seine Arbeit ordnungsgemäß erledigen kann. Thomas Sauer war seit 1. September 2009 Fachbediensteter für Finanzwesen. Als Kämmerer kümmerte er sich um Tauchas Haushaltsplan, legte dem Stadtrat diesen regelmäßig vor. Bestandteil seiner Arbeit war auch, eventuelle Barreserven der Stadt nicht einfach auf dem Girokonto zu halten, sondern möglichst zinsreich anzulegen. In Zeiten von Zinsen im Nullkommanichts-Bereich kein leichtes Unterfangen. Allein darf ein Kämmerer aber solche Geschäfte nicht abschließen, sondern nur Empfehlungen aussprechen. Eine zweite im Finanzbereich tätige Person muss über das Geschäft entscheiden. Erscheint dies zu risikoreich oder tauchen Fragen auf, soll die zweite Person weitere Gremien hinzuziehen, also etwa den Finanzausschuss, den Stadtrat oder den Bürgermeister.

Bislang sieht alles danach aus, als habe diese Sicherheitssperre der zweiten Person versagt. Unterzeichnet hat demnach die Anweisungen Petra Kostka als Leiterin der Kasse. Wohl im Glauben, der Stadt etwas gutes zu tun. Dass sich Sauer und Kostka persönlich bereichern wollten, glaubt im Rathaus derzeit niemand. Zumindest ist es wohl für alle schwer vorstellbar. Immerhin hat Petra Kostka 26 Jahre in der Verwaltung gearbeitet. „Wir alle fragen uns, warum sie ihren beruflichen Weg so wegwirft und etwas unterschreibt, für das sie nicht befugt ist”, sagt etwa Christof Heinzerling, Stadtrat und Fraktionsvorsitzender der SPD auf Anfrage.


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Nach Recherchen von Taucha kompakt handelt es sich bei dem Finanzgeschäft um Geldanlagen auf Konten der skandalträchtigen Maple Bank. Das Kreditinstitut mit Sitz in Frankfurt am Main meldete am 11. Februar 2016 Insolvenz an, nachdem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Bank wegen Überschuldung für den Kundenverkehr geschlossen hatte. Die deutschen Steuerbehörden ermitteln wegen des Verdachts auf Steuerbetrug in Höhe von 450 Millionen Euro gegen das Institut. Konkret geht es um so genannte Cum-Ex-Geschäfte. Bei diesem werden Wertpapiere mehrmals zwischen verschiedenen Besitzern hin- und hergeschoben, so dass der Staat die Kapitalertragssteuer letztlich mehrfach erstattete. Zahlreiche Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Berlin hatten bei der Bank Geld angelegt, das in den meisten Fällen vom Bankensicherungsfonds wieder ausgezahlt wurde. Dieser Fonds zahlt allerdings nur Einzahlungen in klassische Geldanlagen aus, wenn eine Bank Insolvenz anmeldet. Im Falle von Taucha waren es wohl risikoreichere Formen der Geldanlage, die im Oktober 2015 gewählt wurden. Die 2.085.000 Euro sind damit - so sieht es derzeit aus - tatsächlich verloren.

Sauer und Kostka hätten also spätestens im Februar, nach der Zwangsschließung und Insolvenz der Maple Bank, die Konsequenzen ziehen müssen und Bürgermeister sowie Stadtrat von der Geldanlage und dem offensichtlichen Verlust unterrichten müssen. Passiert ist nichts - bis zum 4. August. Dem Tag, an dem Thomas Sauer offenbar nicht mehr anders konnte, als reinen Tisch zu machen.

Der Skandal hört damit allerdings noch nicht auf. Denn offenbar legte Kämmerer Thomas Sauer dem Stadtrat im Januar 2016 einen Haushaltsentwurf vor, aus dem die Anlage, die wie erwähnt bereits im Oktober 2015 getätigt wurde, nicht hervorging. Weder die Summe von über zwei Millionen Euro noch der Name Maple Bank tauchen im Haushaltsplan auf. Die Stadträte gingen also davon aus, dass Tauchas Barreserven aus kleinen Darlehen besteht, die für wenige Wochen oder Monate bei verschiedenen Banken angelegt werden, um Zinserträge zu erzielen.

Ob Sauer den Namen der Maple Bank bewusst verschleierte, müssen die Ermittlungen zeigen. Fakt ist jedoch, dass bereits im September 2015 eine Großrazzia bei der Maple Bank wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung lief. Ein erfahrener Finanzexperte wie Sauer hätte hier möglicherweise erkennen müssen, dass eine Geldanlage bei dieser Bank nicht sonderlich ratsam ist.

Wie es nun in der Verwaltung weitergeht, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. Fraktionsübergreifend herrscht jedenfalls eine Schockstarre, so ist zu hören. Nicht nur, dass die finanzielle Beweglichkeit der Stadt Taucha erheblich eingeschränkt ist - und das vor zahlreichen erforderlichen Investitionen in Straßenbau, Schulerweiterungen und mehr. Treffen wird die Fraktionen und Verwaltung vor allem auch, dass das Vertrauen der Bürger vorerst gestört sein dürfte.


Daniel Große
Daniel Große
Daniel Große arbeitet seit 2001 als freier Journalist und berichtet hier zu allen Themen, die unsere Region bewegen. Infrastruktur, Blaulicht-Meldungen, Veranstaltungen, Neues aus den Rathäusern und vieles mehr veröffentlicht er hier. Schnell, kompakt und verständlich.
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© taucha.media, Daniel Große.
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