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40 Jahre Kinderarzt in Taucha: Dr. Herold übergibt Praxis an Nachfolger | Taucha kompakt

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Veröffentlicht am 07.11.2018 18:17

40 Jahre Kinderarzt in Taucha: Dr. Herold übergibt Praxis an Nachfolger

M an gebraucht diese Floskel recht oft, aber in diesem Fall stimmt es tatsächlich: Anfang Januar geht in Taucha eine Ära zu Ende. Kinderarzt Dr. Wilfried Herold begibt sich dann nach 40 Jahren und elf Tagen in seinen Ruhestand.

M an gebraucht diese Floskel recht oft, aber in diesem Fall stimmt es tatsächlich: Anfang Januar geht in Taucha eine Ära zu Ende. Kinderarzt Dr. Wilfried Herold begibt sich dann nach 40 Jahren und elf Tagen in seinen Ruhestand.

Fragt man Wilfried Herold nach Fotos von den Anfängen seiner Praxis in Taucha, lächelt er verschmitzt und sagt: „Ich hab gar keine. An Fotos hab ich nie gedacht, es war ja immer so viel zu tun.” Woran er sich aber bildlich erinnert, ist der erste Tag seiner Tätigkeit in der Poliklinik Taucha, Außenstelle Bürgerruhe. „Das war der 1. Januar 1979, der so genannte Jahrhundertwinter in der DDR. Auch Taucha war quasi abgeschnitten, Frauen wurden zur Entbindung mit dem Hubschrauber geflogen. In der Stadt ging fast nichts mehr”, berichtet er. Das sei eine Herausforderung gewesen, auch die Folgetage noch.

40 Jahre Kinderarzt in Taucha: Dr. Herold übergibt Praxis an Nachfolger (Foto: taucha-kompakt.de)
40 Jahre Kinderarzt in Taucha: Dr. Herold übergibt Praxis an Nachfolger (Foto: taucha-kompakt.de)
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40 Jahre Kinderarzt in Taucha: Dr. Herold übergibt Praxis an Nachfolger (Foto: taucha-kompakt.de)

Bis zum 1. April 1991 war Herold Teil der Außenstelle, danach praktizierte er allein als niedergelassener Arzt, wohnte über der Praxis in der Endstellen-Schleife der Straßenbahn an der Bürgerruhe. „Das wussten die Eltern natürlich und klingelten also auch bei mir, wenn ich keine Bereitschaft hatte. Abends, Nachts, am frühen Morgen. Das war einfach so, na klar war das anstrengend, aber im Nachhinein betrachtet doch eine ganz wunderbare Zeit”, so der Kinderarzt. Auf die Idee, die Klingel abzustellen oder einfach nicht zu öffnen, sei er nie gekommen: „Ich bin doch Arzt, ich muss doch helfen.” Im Jahr 2001 zog er dann in moderne Praxisräume in die Leipziger Straße 41-43, direkt gegenüber der Bürgerruhe, wo er auch heute noch zu finden ist.

Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, so lautet Herolds offizielle Berufsbezeichnung. Ein „absoluter Traumberuf, auch jetzt noch”, wie er voller Überzeugung sagt. „Ich liebe die Kinder, ich spüre die positiven Signale, die sie mir geben, auch wenn der Arzt anfangs vielleicht erst mal ein wenig Angst einflößt. Aber mit der Zeit freunden wir uns tatsächlich an. Ich spreche darum nicht nur von Patienten, sondern von meinen kleinen Freunden. Früher oder später kommt ein Lächeln zurück, das war bislang immer so”, zwinkert er. Manche Kinder betreut er bis zum letzten Tag vor dem 18. Geburtstag. „Die kennen mich ja und wissen, was sie an mir haben”, sagt Herold.


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Ein Schlüsselerlebnis, der vielleicht den Grundstein für seine berufliche Laufbahn legte, hatte er im Alter von zwölf Jahren. „Damals war ich zur Kur an der Ostsee und musste wegen einer Gelenkerkrankung dort ins Krankenhaus. Im Nebenzimmer lag ein Einjähriger, der bitterlich weinte, weil seine Eltern nicht da waren und er Schmerzen wegen einer Mittelohrentzündung hatte. Ich bat die Schwestern, dass ich mich um den Kleinen kümmern durfte. Sie stimmten zu und legten ihn zu mir ins Zimmer. Ich tröstete und fütterte ihn. Ich glaube schon, dass mich das geprägt hat, weil ich von da an wusste, dass ich mit Kindern umgehen kann - und auch will”, erzählt er.

Dass Wilfried Herold schon 74 Jahre alt ist, sieht man ihm nicht an. Und wirklich krank war er kaum. „Nein, eigentlich gar nicht, wenn ich mal überlege. Dass ich die Praxis geschlossen hätte, weil es mir nicht gut geht, das gab es nicht. Da nimmt man eben mal eine Schmerztablette”, schmunzelt er. Selbst Operationszeiten bei ihm selbst legte er in der Vergangenheit in seinen Urlaub. „Sonst fehle ich ja zwei mal”, meint er.

In seiner ganz eigenen, ruhigen Art und Weise untersucht Herold auch heute noch seine „kleinen Freunde” in der Tauchaer Praxis, spricht ihnen Mut zu und erklärt den Eltern, was die nächsten Schritte sind. Anschließend dokumentiert er alles per Hand in den Patientenkarten. „EDV hat mich immer gestört, ich halte sie bewusst sehr sparsam. Mir hat die Technik immer viel Zeit zum Arbeiten mit den Patienten weggenommen, bei allen Vorteilen, die sie bringen mag”, meint er. Auch die ständigen Neuerungen im Gesundheitswesen und der ständig steigende Verwaltungsaufwand seien eine Belastung. „Da fehlt Zeit mit den Kindern und Eltern. Es wäre mir lieb gewesen, wenn man manches hätte geringer halten können”, so Herold.

Besonders positiv in Erinnerung blieb dem Tauchaer Kinderarzt jene Zeit, in der er noch den Kliniken helfen konnte, indem er seine kleinen Patienten so lange ambulant betreut hat, wie es ging. „Beispielsweise haben wir Infusionen nach einer Dehydrierung hier in der Praxis gemacht. Das war nicht unbedingt meine Aufgabe, aber ich hab das gern gemacht, weil es mir eine Freude war, das Kind den Eltern wieder zu übergeben und ihnen einen Klinikaufenthalt erspart zu haben”, berichtet er. Das sei heute nicht mehr möglich, auch wegen der enorm steigenden Einwohnerzahl. „Es gab zu DDR-Zeiten auch immer mal Spitzenzeiten, aber jetzt ist durch die Steigerung der Geburtenrate und dem Zuzug neuer Familien der absolute Höhepunkt in Taucha erreicht”, sagt Herold.

Der letzte Tag ist für Dr. Herold der 11. Januar. Dass nun schon bald Schluss sein soll, realisiert er nach eigenen Angaben noch nicht. „Ich hab ja noch ein paar Wochen Zeit, ich glaube, so richtig begreife ich das erst, wenn ich morgens nicht mehr aus dem Haus muss”, sagt Wilfried Herold und vermutet, dass er dann „sicher erst mal ganz schön wehmütig” sein wird.

Fortführen wird die Praxis Dr. med. Christoph Eymann. Der Kinderarzt praktiziert derzeit noch in Böhlen bei Leipzig und ist für Herold so etwas wie ein Wunschkandidat. „Die Überlegungen zur Praxisübergabe gibt es schon eine ganze Weile, aber ich habe immer auf den perfekten Nachfolger gewartet. Er soll in meinem Stil weiterarbeiten, sich Zeit nehmen und vor allem das Personal übernehmen”, sagt er. All das sei mit Dr. Eymann nun geschehen. Herolds Tochter Susanne Zinke und Schwester Birgit Veit sowie die Kollegin in der Anmeldung dürfen weiterhin in der Praxis in der Leipziger Straße 41-43 arbeiten.

In ein „Loch” fällt Wilfried Herold als Rentner nicht. „Ich hab genug zu Hause und im Garten zu tun. Außerdem kann man dann vielleicht mal wieder in die Oper gehen oder ins Kabarett. Und das Enkelkind will auch was von Opa und Oma haben. Mir wird schon nicht langweilig!”, scherzt er.


Daniel Große
Daniel Große
Daniel Große arbeitet seit 2001 als freier Journalist und berichtet hier zu allen Themen, die unsere Region bewegen. Infrastruktur, Blaulicht-Meldungen, Veranstaltungen, Neues aus den Rathäusern und vieles mehr veröffentlicht er hier. Schnell, kompakt und verständlich.
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© taucha.media, Daniel Große.
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