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Besitzer der Kangals: „Mich trifft keine Schuld, die Hunde waren gesichert” | Taucha kompakt

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Veröffentlicht am 08.03.2021 14:06

Besitzer der Kangals: „Mich trifft keine Schuld, die Hunde waren gesichert”

Nach den Attacken der Hütehunde in Dewitz am Sonntag mit verletzten Menschen, Hunden und einem getöteten Welpen fragt sich ganz Taucha, wie so etwas erneut passieren konnte. Von dem Grundstück der Halter der Kangals ging schon öfter Gefahr für andere Hunde und deren Besitzer aus. In Taucha kompakt spricht jetzt der Halter der Hunde. Er sagt: „Hier hat jemand das Tor geöffnet!”

Nach den Attacken der Hütehunde in Dewitz am Sonntag mit verletzten Menschen, Hunden und einem getöteten Welpen fragt sich ganz Taucha, wie so etwas erneut passieren konnte. Von dem Grundstück der Halter der Kangals ging schon öfter Gefahr für andere Hunde und deren Besitzer aus. In Taucha kompakt spricht jetzt der Halter der Hunde. Er sagt: „Hier hat jemand das Tor geöffnet!”

Es ist gestern gegen 15 Uhr, als entlang des Wachbergs und der Weltewitzer Straße in Dewitz das Chaos hereinbricht. Drei große Kangals, türkische Herdenschutzhunde, stürmen auf Spaziergänger und ihre Hunde zu . Kangals sind kräftige und schwere Tiere. Männchen können bis zu 60 Kilogramm wiegen, Weibchen bis zu 50 Kilogramm. Die Höhe am Widerrist, also am Übergang vom Hals zum Rücken, beträgt bei Männchen bis zu 78 Zentimeter, bei Weibchen bis zu 73 Zentimeter. (Quelle: FCI Zuchtstandard ). Die Schilderungen der Geschädigten sprechen Bände und lassen erahnen, wie der Angriff abgelaufen ist.

Laut Holger Weichhan soll ein Unbekannter dieses Tor auf seinem Grundstück geöffnet und so den Ausbruch der Herdenschutzhunde ermöglicht haben. (Foto: taucha-kompakt.de)
Laut Holger Weichhan soll ein Unbekannter dieses Tor auf seinem Grundstück geöffnet und so den Ausbruch der Herdenschutzhunde ermöglicht haben. (Foto: taucha-kompakt.de)
Laut Holger Weichhan soll ein Unbekannter dieses Tor auf seinem Grundstück geöffnet und so den Ausbruch der Herdenschutzhunde ermöglicht haben. (Foto: taucha-kompakt.de)
Laut Holger Weichhan soll ein Unbekannter dieses Tor auf seinem Grundstück geöffnet und so den Ausbruch der Herdenschutzhunde ermöglicht haben. (Foto: taucha-kompakt.de)
Laut Holger Weichhan soll ein Unbekannter dieses Tor auf seinem Grundstück geöffnet und so den Ausbruch der Herdenschutzhunde ermöglicht haben. (Foto: taucha-kompakt.de)
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Laut Holger Weichhan soll ein Unbekannter dieses Tor auf seinem Grundstück geöffnet und so den Ausbruch der Herdenschutzhunde ermöglicht haben. (Foto: taucha-kompakt.de)

Die Geschädigten und auch Außenstehende fragen sich nun, wie es dazu kommen konnte. Holger Weichhan ist der Halter der Hunde. Er sagt: „Mich trifft keine Schuld, jemand hat das Tor geöffnet.” Laut seiner Schilderung gegenüber Taucha kompakt war Weichhan am gestrigen Sonntag gar nicht zu Hause. „Das Grundstück war gesichert, alle Tore zugeriegelt. Meine Freundin Bettina Jung hat unsere Schweine versorgt. In dieser Zeit muss jemand das Gartentor geöffnet haben, so dass die beiden Rüden, die auf dem Hof waren, raus konnten. Die Hündin war im Wohnhaus, dieses war zugeschlossen, aber der Schlüssel steckte von außen. Auch diese Tür hat jemand aufgeschlossen, so dass dann alle Hunde frei waren”, sagt er. Vor dem Gartentor seien „große Fußspuren” entdeckt worden, dies sei polizeilich auch aufgenommen worden. Die Vorkommnisse findet er „sehr kurios”. Ebenso sei es „sehr schade”, dass er sich in seinen „eigenen vier Wänden offenbar nicht mehr sicher sein kann”. Vor einigen Wochen sei bereits in den Wohnwagen, den er vor seinem Haus stehen hat, eingebrochen worden. Zudem werde er laut seinen Ausführungen des Öfteren verbal bedroht, weil er die Kiesgrube und seine 13 Hektar Wiesen nicht verkaufen möchte. „Manche nehmen das so hin, aber andere attackieren mich auch verbal, dass sie wohl Schritte unternehmen wollen, die mich zum Verkauf drängen würden”, sagt Holger Weichhan.

Dieser Bauzaun fungiert laut Holger Weichhan als Gartentor. Laut seiner Lebensgefährtin hätte sie den Bauzaun hinter sich geschlossen, als sie die Schweine füttern ging.


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Nachdem die Unbekannten den Bauzaun geöffnet und so Zutritt zum Grundstück hatten, seien sie über den Hof gelaufen, auf dem die beiden Kangal-Rüden frei herum liefen. Anschließend hätte der oder die Unbekannte die Haustür aufgeschlossen, so dass auch die Hündin frei war.

Seine Hunde seien generell nicht aggressiv, vor allem nicht Menschen gegenüber. „Ja, die haben die anderen Hunde angegriffen, die rennen aber nicht draußen rum und fallen Menschen an. Die Besitzer haben dazwischen gefasst und wurden darum verletzt”, meint er. Trotz dieses Vorfalls und auch trotz der Tatsache, dass die Hunde Anfang Februar bereits frei in Dewitz liefen, was eine polizeiliche Anzeige von drei Nachbarn nach sich zog, würden sich Weichhan und seine Freundin weiterhin in der Lage fühlen, Kangals zu halten und auch zu erziehen. Für ihn gebe es keine andere Wahl, als dass er die Hunde zurück bekäme.

Ob die Hunde tatsächlich an die Besitzer zurück gehen können, hängt nun von einem Wesenstest ab. Dieser werde durch das Veterinäramt Nordsachsen durchgeführt, teilt Jens Rühling vom Tauchaer Ordnungsamt mit. Er habe gestern dafür gesorgt, dass die Hunde von der Polizei abgeholt werden. Laut seinen Angaben konnte die Stadtverwaltung hier nicht eher tätig werden, weil es keine Anzeigen von Nachbarn oder Geschädigten gegeben hätte. Erst im Februar, als die Hunde bereits einmal frei herum liefen, seien drei Anzeigen eingegangen und das Verfahren konnte starten. „Der Hundehalter hatte die Pflicht, sein Grundstück entsprechend zu schützen, dass sich die Hunde nicht befreien können”, so Rühling. Da dies offenbar nicht geschehen sei, laufe nun ein Strafverfahren, zu dem sich Rühling nicht äußern könne. Erst seit vergangenem Jahr sei überhaupt klar, wem die Hunde gehören. „Sie waren steuerlich nicht angemeldet, also fehlte uns ein Nachweis über den Halter. Da die Anmeldung trotz wiederholter Aufforderung nicht erfolgte, haben wir die Sicherstellung der Hunde angedroht. Daraufhin erfolgte die Anmeldung im vergangenen Jahr”, so Rühling. Laut Holger Weichhan stellt sich die Sache anders dar: „Ich hatte vorher drei andere Kangals und habe wohl vergessen, mitzuteilen, dass es nun andere Hunde sind. Aber angemeldet waren die Hunde davor schon”, erklärt er.

Jeannine N. steht noch immer unter Schock. Die 14 Wochen alte Hündin der Familie wurde gestern von den drei Kangals gejagt und so schwer verletzt, dass sie eingeschläfert werden musste. Ihr und ihrem Mann Heiko bleibt nur das letzte Foto, das sie in der Tierklinik von Laika gemacht haben. Auch ein Röntgenbild haben sie, das zeigt, wie sehr die Wirbelsäule des Welpen verletzt wurde. Es ist für Hundebesitzer nur schwer zu ertragen. Das Ehepaar ist nun erst mal aufgrund des Schocks krank geschrieben. „Mein Mann bekommt Antibiotika für die Bisswunden und wir haben beide eine Überweisung zum Psychologen bekommen. Ich brauche Hilfe, ich dachte, wir sterben alle”, sagt N. Auch bei Bürgermeister Tobias Meier war das Ehepaar. „Wir haben uns die Schilderungen der Vorfälle angehört, unsere tiefe Betroffenheit ausgedrückt und haben mitgeteilt was wir als Stadt unternommen haben oder unternehmen können”, berichtet Meier.

Das 14-jährige Mädchen, das bei der Attacke verletzt wurde und in ein Krankenhaus gebracht werden musste, verbrachte die Nacht laut Schilderung der Eltern auf der Intensivstation. Sie habe an einer Hand eine Verletzung davongetragen. In der Nacht habe sie starke Schmerz- und Beruhigungsmittel erhalten. Inzwischen sei sie verlegt worden. Sie müsse nun diese Woche noch im Krankenhaus bleiben, die Wunde werde täglich gesäubert und versorgt, heißt es.

Update, 15.10 Uhr

Laut Aussagen eines Nachbarn stimmt die Darstellung von Holger Weichhan nicht. Wie er gegenüber Taucha kompakt erklärt, seien die Hunde bereits mit Weichhans Lebensgefährtin auf der Wiese hinter dem Bauzaun gewesen. Diese Aussage gibt er nun auch der Polizei zu Protokoll.

Update, 18.00 Uhr

Wie das Veterinäramt des Landkreises Nordsachsen mitteilt, sind in erster Linie die Ordnungsbehörden zuständig. „Das Landratsamt kommt erst ins Spiel, wenn es um die Gefährlichkeit von Hunden geht (Kampfhunde oder Hunde, die durch ihre Aggressivität auffallen)”, so Alexander Bley, Sprecher beim Landratsamt.

Auch schildert das Landratsamt das bisherige Procedere: „Bereits am 28.06.2019 wurde ein Wesenstest für die Hündin angeordnet. Zu diesem Zeitpunkt war dies der einzige Hund, der auf dem maßgeblichen Grundstück lebte. Der Adressat dieser Anordnung reagierte nicht und es wurde auch kein Gutachten vorgelegt. Im Folgezeitraum wurde ein zweiter Hund auf dem Grundstück festgestellt. Der Adressat der Anordnung vom 28.06.2019 teilte daraufhin dem Landratsamt Nordsachsen mit, dass er gar nicht Halter der Hunde sei. Mithin richtete sich die Verfügung vom 28.06.2019 an den falschen Adressaten und lief ins Leere. Daraufhin wurde versucht, eine Klärung herbei zu führen, wer Halter welchen Hundes ist. Die Eigentumsverhältnisse an den Hunden konnten erst anhand der im Februar 2020 erfolgten Mitteilung über die steuerliche Anmeldung der Tiere, geklärt werden.

Die Betroffenen sind kürzlich angehört worden, betreffend die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Gefährlichkeit der jeweiligen Hunde. Wesensteste wurden in der Anhörung in Aussicht gestellt. Die Anhörungsfristen für die behördlichen Maßnahmen laufen bis Ende März. Zeitnah wird das Landratsamt sodann die Entscheidungen zur Gefährlichkeit der Hunde treffen. Dass ein dritter Hund auf dem Grundstück lebt, ist erst seit dem Vorfall vom Sonntag, 07.03.2021 dem Landratsamt bekannt geworden. Hier wird nach Klärung der Halter- bzw. Eigentümereigenschaft zeitnah ein Verfahren eingeleitet. Beim Wesenstest wird von einem Sachverständigem ein Gutachten erstellt. Dieser testet in welcher Situation der Hund wie aggressiv reagiert”, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamtes Nordsachsen.

Unterdessen meldete sich ein Anwohner aus der Nachbarschaft des Kangal-Halters. Er wirft dem Ordnungsamt Taucha Verstöße und Nichthandeln vor. „Herr Rühling wusste von zahlreichen Vorfällen und auch davon, dass das Grundstück nicht sicher genug ist, wir haben ihn mehrfach darauf hingewiesen. Schade, dass erst etwas passieren muss”, sagt der Anwohner. Er hat sich gemeinsam mit etwa 15 weiteren Anwohnern zusammengetan, um die Vorfälle zu dokumentieren und gemeinsam gegen den Kangal-Halter vorgehen zu können, teilt er mit.


Daniel Große
Daniel Große
Daniel Große arbeitet seit 2001 als freier Journalist und berichtet hier zu allen Themen, die unsere Region bewegen. Infrastruktur, Blaulicht-Meldungen, Veranstaltungen, Neues aus den Rathäusern und vieles mehr veröffentlicht er hier. Schnell, kompakt und verständlich.
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