Der Stadtrat hat am Donnerstagabend einstimmig den ergänzenden Abwägungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 67a „Westvorstadt 1“ gefasst. Damit ist ein weiterer Meilenstein zur Nachnutzung der früheren Pelzfabrik an der Freiligrathstraße erreicht. Das rund ein Hektar große Areal – heute geprägt von leerstehenden Industriegebäuden, Brachflächen und dem markanten Turm – soll zu einem urbanen Quartier mit Wohnen und Gewerbe entwickelt werden.
Der Investor Brockhaus Traumfabrik GmbH will die denkmalgeschützten Gebäude erhalten und behutsam in ein gemischtes Quartier überführen. Als erstes Objekt steht das Turmhaus im Fokus. Laut Investor Rocco Schramm liegt die Baugenehmigung inzwischen vor. „Die Käufer der künftigen Wohnungen sind aktuell beim Notar, um die Protokollierungen für die Denkmal-Abschreibung vorzunehmen“, berichtete er. Der Baustart soll Anfang des kommenden Jahres erfolgen.
Die Stadt hatte das ehemalige Gesamtvorhaben „Westvorstadt“ vor einiger Zeit in mehrere Teilbereiche aufgeteilt. Der jetzt beschlossene Bebauungsplan „Westvorstadt 1“ umfasst den südlichen Teil rund um die historische Fabrikanlage. Das Ziel: die Industriebrachen einer neuen Nutzung zuführen, ohne die städtebaulichen und denkmalpflegerischen Qualitäten zu verlieren.
Das Gebiet liegt vollständig im Innenbereich. Der Plan sieht ein Urbanes Gebiet (MU) für Wohnen und Dienstleistungen vor, während einzelne bestehende Gewerbebereiche im Umfeld gesichert bleiben. Die frühere Planung wurde nach einer umfangreichen Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung überarbeitet. Zahlreiche Hinweise flossen in den aktuellen Beschluss ein, darunter denkmalpflegerische Anforderungen, Artenschutzauflagen sowie Anpassungen beim Schallschutz.
Wie bei vielen ehemaligen Industriestandorten stand auch in der Westvorstadt die Altlastenfrage im Raum. Die Untersuchungen zeigen, dass eine sensible Wohnnutzung möglich ist, sofern Bauarbeiten fachtechnisch begleitet werden. Die in einigen Bereichen vorhandenen Auffüllungen mit Schadstoffgehalten müssen entsprechend überwacht werden.
Artenschutzgutachten stellten Sommerquartiere von Fledermäusen und Nistplätze gebäudebewohnender Vögel fest. Beim Abbruch einzelner Gebäudeteile gehen Lebensräume verloren. Der B-Plan verpflichtet daher zu Ersatzquartieren in den sanierten Gebäuden.
Auch der Lärmschutz war ein zentraler Punkt: Das Areal liegt zwischen B87, Straßenbahnstrecke und Bahnlinie. Für die künftigen Wohnungen sind daher erhöhte Schalldämmwerte vorgesehen. Die Vorgaben fließen als Nebenbestimmungen in die Bauanträge ein.
Die untere Wasserbehörde hatte zuvor Bedenken geäußert, da eine Versickerung nicht möglich ist und die Rückhalteflächen auf dem Gelände begrenzt sind. Das Konzept wurde daraufhin überarbeitet. Eine unterirdische Rückhalteanlage sowie ein Kiesdach mit Retentionsfunktion schaffen nun ausreichend Speichervolumen. Das Niederschlagswasser wird gedrosselt in die öffentliche Kanalisation abgegeben.
Mit dem Beschluss des Stadtrats kann die Traumfabrik das erste große Einzelprojekt umsetzen. Das Turmhaus gehört zu den markantesten Gebäuden des Areals und gilt als städtebaulicher Anker für die gesamte Entwicklung. Der Verkauf der Wohnungen ist nach Angaben Schramms auf große Nachfrage gestoßen.
Parallel arbeitet das Unternehmen an den Planungen für die weiteren Gebäude. Der Bebauungsplan schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Kombination aus Wohnen, Gewerbe und Freiflächen, während gleichzeitig die denkmalgeschützte Struktur gesichert wird.
Die Fabrik blickt auf mehr als 100 Jahre Nutzungsgeschichte zurück – von der Pelzindustrie über die Munitionsfertigung bis hin zu DDR-Zeltbau und später Künstlerateliers. Nach 2005 stand sie komplett leer, mehrere Brände beschädigten die Gebäude massiv. Nun beginnt ein neues Kapitel.
Mit dem Satzungsbeschluss des Bebauungsplans hat die Parthestadt den Weg für die Revitalisierung des früheren Industriegeländes offiziell freigemacht. Der sichtbare Start wird die Sanierung des Turmhauses sein. Die umfassende Entwicklung des gesamten Areals dürfte sich über mehrere Jahre erstrecken, aber der gestrige Beschluss bringt die Transformation der Westvorstadt einen großen Schritt voran.