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Bundestagswahl in Taucha: Fragen an Susanna Karawanskij (Die Linke) | Taucha kompakt

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Veröffentlicht am 07.09.2017 20:57

Bundestagswahl in Taucha: Fragen an Susanna Karawanskij (Die Linke)

Am 24. September wird ein neuer Bundestag gewählt. Jeder Wahlberechtigte hat zwei Stimmen. Mit der Erststimme wird der Direktkandidat aus dem Wahlkreis gewählt, mit der Zweitstimme entscheiden Wähler, welche Partei wie viele Sitze im Bundestag bekommt. Taucha kompakt stellt in einer Serie die Direktkandidaten im Wahlkreis 151 (Nordsachsen) und ihre Positionen vor.

Am 24. September wird ein neuer Bundestag gewählt. Jeder Wahlberechtigte hat zwei Stimmen. Mit der Erststimme wird der Direktkandidat aus dem Wahlkreis gewählt, mit der Zweitstimme entscheiden Wähler, welche Partei wie viele Sitze im Bundestag bekommt. Taucha kompakt stellt in einer Serie die Direktkandidaten im Wahlkreis 151 (Nordsachsen) und ihre Positionen vor.

Heute: Susanna Karawanskij, Die Linke. Die studierte Politik- und Kulturwissenschaftlerin ist 37 Jahre alt, wurde in Leipzig geboren und lebt auch dort. Karawanskij sitzt bereits seit einer Wahlperiode im Bundestag und möchte dort natürlich auch bleiben. Darum tritt sie als Direktkandidatin erneut für Die Linke an.

Bundestagswahl in Taucha: Fragen an Susanna Karawanskij (Die Linke) (Foto: taucha-kompakt.de)
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Wir sprachen mit ihr über die vergangenen knapp vier Jahre.

Ganz allgemein: Was haben Sie im Bundestag bislang erreicht und wie profitiert Nordsachsen von Ihren Entscheidungen oder Ihrem Sitz im Bundestag?

Ich bin ordentliches Mitglied des Finanzausschusses, wo ich mich für die Einführung eines Finanz-TÜVs zur Überprüfung von Finanzinstrumenten vor ihrer Markteinführung eingesetzt habe. Neben dieser Funktion bin ich im Ausschuss Kommunales und setze mich für die finanzielle Stärkung der Kommunen ein. Seit September 2016 bin ich auch die Ost-Koordinatorin meiner Fraktion und damit für die Forderung nach der Herstellung von gleichwertigen Lebensverhältnissen in Ost und West zuständig. Nordsachsen profitiert von meinem Schwerpunkt und Engagement für Kommunen und ihrer finanziellen Ausstattung und meinen Kämpfen nach einem besseren Lebensstandard im Osten Deutschlands.


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Was sind Ihrer Meinung nach die größten Probleme in Nordsachsen?

Nordsachsen ist trotz großer Bemühungen im Landkreisranking unter den Schlusslichtern. Daran hat sich leider in den letzten Jahren, unter Merkels Politik nichts geändert. Wir müssen dafür sorgen, dass die Region attraktiv wird, für Menschen und für Unternehmen. Einen großen Nachholbedarf sehe ich beim Thema Fachkräftemangel, vor allem in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Industrie und Handwerk und seit einiger Zeit auch im Sozialbereich. Da gibt es meines Erachtens nach zwei Hauptprobleme: schlechte Entlohnung und katastrophale Arbeitsbedingungen. Da braucht es viel finanzielle Stärkung der Kommunen, bessere Arbeitsbedingungen und – noch wichtiger – viel bessere Entlohnung!

Und was muss speziell in Taucha angepackt werden? Wie wollen Sie sich dafür einsetzen?

Taucha ist eine attraktive Stadt, die sich sehr gut entwickelt hat. Junge Familien ziehen hier her, die Stadt profitiert von der Nähe zu Leipzig, es ist schön zu sehen, was hier in den letzten Jahren geschaffen wurde. Dabei bleibt natürlich die Frage um die Verkehrssituation, Stichwort B87 oder verlässliche Nahverkehrsanbindung nach Leipzig, die Frage nach Schul- bzw. Kitaausbau bei weiterem Zuzug wird sich in Zukunft zeigen.

Bei der Abstimmung im Bundestag am 30.6. über die gleichgeschlechtliche Ehe haben Sie mit Ja gestimmt. Was waren Ihre Gründe dagegen?

Ich habe mit „Ja“ gestimmt, weil ich der Meinung bin, dass wenn Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, sie auch das Recht zur Eheschließung haben. Ehe, mit ihren Rechten und Pflichten, sollte jedem erwachsenen Menschen als Option zur Verfügung stehen.

Bei der Abstimmung im Bundestag am 23.6. über die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen haben Sie mit Ja gestimmt. Was waren Ihre Gründe dagegen?

Unbefristete Verträge müssen wieder die Normalität werden; Es kann nicht sein, dass jeder 2. geschlossene Arbeitsvertrag befristet wird, Befristung darf nur bei sachlichem Grund bestehen. Wir möchten den Menschen wieder ermöglichen, dass sie ihre Zukunft besser planen können und nicht um ihre finanzielle Sicherheit bangen müssen.

Wie stehen Sie zu folgenden Thesen

Rentensystem: Alle sollen einzahlen, auch Selbstständige, Beamte und Politiker

Ja. Wir wollen eine Erwerbstätigenversicherung: Für alle Erwerbseinkommen müssen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden. Auch Politikerinnen und Politiker, Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler, Beamtinnen und Beamte und Managerinnen und Manager sollen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Bereits erworbene Ansprüche werden erhalten bzw. überführt. Für Langzeiterwerbslose müssen endlich wieder Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt werden.

Um Schulabschlüsse vergleichbar zu machen, soll es in Deutschland einheitliche Prüfungen und Lehrpläne an den Schulen geben.

Ja. Ich bin dafür, dass mehr Vergleichbarkeit und Kooperation zwischen den Ländern im Hinblick auf Bildung besteht; dadurch wird Bildungsgerechtigkeit (Gleichwertige Bildung für alle!) und auch größere Mobilität hergestellt. Wir brauchen mehr Austausch über neue Wissensinhalte und die nötige Didaktik und Methodik, sie auch zu vermitteln. Bildung ist aber auch von der regionalen Entwicklung abhängig: Wir haben in Sachsen einen Lehrer*innenmangel, der auch durch Abwanderung und Perspektivlosigkeit bedingt ist. Da muss es grundlegende Reformen und Veränderungen geben! Zurzeit haben wir es in Deutschland mit einem stark zerstückelten, uneinheitlichen Bildungssystem zu tun, das Bildungsvererbung potenziert. Die Linke fordert die Aufhebung aller Zugangsbeschränkungen zu Bildungsangeboten und die Absetzung jeglicher Gebühren im Bildungssystem. Das gegliederte Schulsystem muss durch die Ganztagsschule, eine demokratische Schule und Methodenvielfalt ersetzt werden.

Die Videoüberwachung muss ausgebaut werden.

Nein. Videoüberwachung schützt vor Verbrechen, die zur Zeit der Aufnahme passieren, überhaupt nicht. Dadurch wird lediglich ein Polizeistaat, der auf Panikmache aus ist, gestärkt. Was „innere Sicherheit“ betrifft, müssen wir beachten, dass Reformen und neue Gesetze nicht nur sinnleere kosmetische Veränderungen hervorbringen – wie z.B. das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz, das jüngst von der Bundesregierung vorgebracht wurde. Solche Gesetze wollen den Eindruck vermitteln, es tue sich etwas in diesem Bereich, konkret bedeuten sie allerdings nicht mehr als unnötige Panikmache. Wir setzen auf einen bürger*innenorientierten Begriff der öffentlichen Sicherheit, der von keinem plumpen Freund/Feind-Schema ausgeht und Paranoia befeuert. Öffentliche Sicherheit bedeutet dagegen neben dem selbstverständlichen Schutz vor Kriminalität auch den Schutz des Einzelnen und der Öffentlichkeit vor unverhältnismäßigen staatlichen Eingriffen in Bürger*innenrechte, in Verbraucher- und Arbeitnehmerrechte.

Wir brauchen eine Impfpflicht für Kinder.

Nein. Obwohl ich persönlich eine große Befürworterin des Impfens bin - jeder Mensch bzw. dessen gesetzliche Vertretung kann sich grundsätzlich frei für oder gegen medizinische Maßnahmen entscheiden. Diese Freiwilligkeit ist schon für sich ein hohes Gut, denn es geht um Selbstbestimmung, körperliche Unversehrtheit und auch das Vertrauen in die Patientenorientierung der Medizin. Ein medizinischer Eingriff ohne Zustimmung erfüllt grundsätzlich den Tatbestand der Körperverletzung.

Kitas sollen grundsätzlich kostenfrei sein.

Ja. Wir setzen uns für kostenfreie Kitas ein und die Einführung eines Kitaqualitätsgesetzes. In Thüringen und Brandenburg, da wo wir mitregieren, haben wir gebührenfreie Kita Jahre durchgesetzt. Wir brauchen eine stärkere finanzielle Beteiligung des Bundes und klare Standards für die Qualität in den Kitas.

Haushaltsüberschüsse sollen überwiegend zum Abbau von Staatsschulden verwendet werden.

Nein. Staatsschulden sind nicht per se etwas Schlechtes. Investitionen in die Zukunft müssen geleistet werden und gerade in diesen Zeiten bei Niedrigzinsen wäre das auch der richtige Weg. Investionen in die Zukunft heißt zuvorderst Kampf gegen Kinder- und Altersarmut. Aber auch mehr sozialer Wohnungsbau oder der Erhalt des Rentenniveaus wären sinnvolle Einsatzmöglichkeiten. DIE LINKE schlägt ein Sonderprogramm vor, damit alle Kinder in Kitas und Schulen ein kostenfreies, warmes und gesundes Mittagessen bekommen. Für ein ganzes Schuljahr würde es 6,82 Milliarden Euro kosten. Sollten die Überschüsse geringer sein, ließe sich mit 2,8 Milliarden Euro zumindest das erste Schulhalbjahr finanzieren. Haushaltsüberschüsse sind also sinnvoller und nachhaltiger in Erhalt und Ausbau der technischen wie sozialen Infrastruktur zu stecken.

Deutschland muss die Europäische Union weiter stärken und den Euro als Währung behalten.

Ja. Die Europäische Union muss gestärkt werden, Deutschland trägt dafür besondere Verantwortung, weil es durch seinen Export wirtschaftlich am meisten profitiert. Es entsteht ein Ungleichgewicht, dass die bestehende soziale Ungerechtigkeit verstärkt – auch in Deutschland. Deutschland und die EU müssen sozialer werden, der Sozialstaat muss wieder gestärkt werden. Der Euro muss als Währung beibehalten werden.

Der kontrollierte Verkauf von Cannabis soll generell erlaubt sein.

Ja. Die medizinische Vewendung von Cannabis ist ja mittlerweile erlaubt und anerkannt, das hat der Bundestag beschlossen. Der Anbau zum Eigenbedarf verursacht keinen gesellschaftlichen Schaden und die Legalisierung würde den Schwarzmarkt auf diesem Gebiet abschaffen und organisierte Kriminalität verringern.

Der Gottesbezug im Grundgesetz soll bestehen bleiben.

Nein. Religionsfreiheit ist ein wichtiges Gut und weltweit zu schützen. Ich persönlich bin der Auffassung, dass Staat und Religion/Kirche zu trennen sind. Ich bevorzuge eine laizistische Perspektive und bin der Meinung, dass Religion Privatsache ist, die auch in dieser Sphäre bleiben sollte. Humanistische Werte als Grundkonsens des gesellschaftlichen Zusammenlebens finde ich gut.

Die Vorratsdatenspeicherung soll abgeschafft werden.

Ja. Es werden nach wie vor Daten pauschal und flächendeckend gespeichert. Alle Bürgerinnen und Bürger stehen unter einem Generalverdacht. DIE LINKE will das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sichern. Daher sprechen wir uns auch gegen Vorratsdatenspeicherung aus. Statt die Telekommunikationsunternehmen zur Speicherung und Herausgabe von immer mehr Daten zu verpflichten, müssen umgekehrt klare und transparente Regelungen zum Umgang mit Daten bei den Unternehmen geschaffen werden. Datenspeicherung zu vermeiden, ist deshalb der beste Datenschutz.

Privatpersonen soll es verboten sein, ihre Daten und ihre Kommunikation so zu verschlüsseln, dass Sicherheitsbehörden hierauf keinen Zugriff haben.

Nein. Um Privatsphäre im Internet unter der Bedingung des permanenten Datenflusses zu gewährleisten, ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nur mit einem Recht auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in persönlicher Kommunikation realisierbar - ohne Hintertüren.

Plattformbetreiber (z.B. Facebook) sollen mehr in die Pflicht genommen werden, gegen Hasskommentare aktiv vorzugehen.

Ja, auf jeden Fall! Es darf nicht sein, dass soziale Medien wie Facebook für die Verbreitung von menschenverachtenden Kommentaren genutzt werden. Hasssymbole und Hassattacken werden staatlich sanktioniert, da ist es nur folgerichtig, wenn man mit der Zeit geht und die Menschen auch virtuell vor solchen Dingen schützt.

Plattformbetreiber (z.B. Facebook) sollen mehr in die Pflicht genommen werden, gegen Fake-News aktiv vorzugehen.

Ja. Ich finde, es muss mehr gegen die Verbreitung von Fake-News in sozialen Netzwerken getan werden. Noch wichtiger ist es allerdings, vorsichtiger in der Beurteilung von Nachrichten zu werden, d.h. kritischer zu lesen. In diesem Bereich muss auch Bildung ansetzen: digitale Alphabetisierung, der verantwortliche und kritische Umgang mit sozialen Medien – all das muss in Zukunft bedacht werden, wenn man Generationen, die mit Smartphones aufwachsen, Bildung vermittelt.

Wir brauchen ein Ministerium für Digitales.

Nein. Aber: Die Bundesregierung hat mit ihrem Bericht zur Digitalen Agenda versagt. Eine Agenda muss deutlich mehr bieten als schöne Worte und ein Sammelsurium vieler einzelner Projekte. Die Arbeit einzelner Ministerien am Querschnittsthema Digitalisierung muss viel besser koordiniert werden. Es ist nicht unbedingt ein eigenes Ministerium für Digitales erforderlich, wenn es bessere Koordination gibt und an allen entscheidenden Stellen Menschen sitzen, die wissen, wie man die Potenziale der Digitalisierung zum Guten für alle wendet. Wir würden uns aber auch nicht gegen ein Ministerium mit Schwerpunkt Digitalisierung stellen.

Vielen Dank!


Daniel Große
Daniel Große
Daniel Große arbeitet seit 2001 als freier Journalist und berichtet hier zu allen Themen, die unsere Region bewegen. Infrastruktur, Blaulicht-Meldungen, Veranstaltungen, Neues aus den Rathäusern und vieles mehr veröffentlicht er hier. Schnell, kompakt und verständlich.
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