Der geplante Umbau eines Teils der Kita Tausendfüßler, damit dort unter Umständen auch Hortkinder der Grundschule 3 betreut werden können, kann starten. Das hat der Stadtrat am Donnerstag beschlossen. Allerdings nicht einstimmig und mit vielen Diskussionen im Vorfeld.
Es passiert nicht oft, dass es vor einer Abstimmung im Stadtrat noch mal so hohen Redebedarf gibt, wie das gestern der Fall war. Die geplante Mittelbereitstellung von maximal 200.000 Euro, damit die Kita Tausendfüßler derart umgebaut werden kann, damit dort auch Hortkinder betreut werden können, schlug hohe Wellen. Und das, obwohl eigentlich jeder Stadtrat vollumfänglich informiert ist und den Weg bis zur heutigen Situation begleitet hat. Am Ende gab es sogar eine namentliche Abstimmung.
Die Grundschule 3 ist noch immer nicht gebaut. Nach wie vor gibt es keine Baugenehmigung. Diese Situation ist beschämend für alle, die daran einen Anteil haben: Generalunternehmer KB Container, die Landesdirektion Sachsen und das Landratsamt Nordsachsen als Genehmigungsbehörden, die Stadtverwaltung Taucha und ja, auch der Stadtrat. Insofern verwunderte es gestern sehr, dass sich Stadträte zu Wort melden, um die aktuelle Situation abermals zu kritisieren und einen klitzekleinen Ausweg aus der Krise torpedieren. Weil Wahlkampf herrscht? Weil man Verwaltung und Bürgermeister bloß stellen will? Weil man von eigenen Versäumnissen ablenken will? Von allem ein bisschen?
Kämmerer Marcus Rietig erläuterte die Beschlussvorlage in gewohnter Sachlichkeit: Weil die geplante Maßnahme noch nicht Teil des aktuellen Haushalts ist, müsse der Stadtrat die Verwendung der Mittel freigeben. Maximal 200.000 Euro sollen es sein, wahrscheinlich wird der Umbau aber günstiger. Die Finanzierung sei gesichert und werde aus den höheren Erträgen der Gewerbesteuer genommen. Also eigentlich alles prima: Die Unternehmen der Stadt sorgen mit ihren Steuern dafür, dass Kinder der Stadt eine Betreuung nach der Schule bekommen.
So prima offenbar doch nicht. Jens Barthelmes von den Unabhängigen Wählern öffnete sein Mikro und startete die Diskussion: „Wir tun uns sehr schwer. Seit 2021 setzen wir uns mit KB Container auseinander. Ich finde es traurig, dass wir uns weiter auf die Firma verlassen”, sagte er und fügte an, man habe eigentlich dem Unternehmen längst kündigen sollen. „Jetzt wird uns mit dieser Beschlussvorlage quasi die Pistole auf die Brust gesetzt und wir müssen ja zustimmen, sonst haben mindestens 25 Kinder ab dem neuen Schuljahr keine Hortbetreuung. Kurz gesagt: Wir haben die Schnauze voll von KB Container, wir lassen uns von denen an der Leine durch die Stadt ziehen”, äußerte er weiter und erinnerte daran, dass für die Unabhängigen Wähler auch ein monolithischer Festbau für das Schul-Interim in Frage gekommen wäre.
Auch Sigrid Wagner von der CDU-Fraktion sei „stinksauer”. Sie frage sich, ob die Baumaßnahmen im Tausendfüßler dann auch rechtzeitig fertig sind. „Wenn ich sehe, wie lange die Abnahmen in der neuen Sporthalle an der Oberschule dauern, dann glaube ich nicht daran, dass der Umbau der Kita rechtzeitig in Betrieb gehen kann”. Gisela Herold, ebenfalls von der CDU ließ erkennen, die Beschlussvorlagen nicht vollends gelesen zu haben. Für sie sei nicht klar, wie dann der derzeitige Bustransfer zur Grundschule Am Park geregelt wäre. Dabei steht in der Beschlussvorlage, dass der Bustransfer dann natürlich nicht mehr gebraucht wird. Auch die Baumaßnahmen an sich mit neuen Abwasserleitungen, Arbeiten an sanitären Anlagen und dem Schallschutz erscheinen ihr nicht realistisch in der verfügbaren Zeit.
Helge Zacharias, Leiter des Fachbereichs Bauwesen ging in seiner Antwort zunächst auf die mögliche Kündigung des Generalunternehmers KB Container ein und verwies auf die schwierige rechtliche Lage inklusive der Kosten, auf denen die Stadt dann sitzen bleibe. Es sei vertraglich auch nicht festzusetzen, wie lange ein Genehmigungsprozess dauern dürfe.
Der Vergleich mit der Sporthalle der Oberschule hinke zudem. In der Kita Tausendfüßler saniere man im Bestand, größere Abnahmen außer der des Landesjugendamtes seien nicht zu erwarten. Der Schallschutz sei nicht verpflichtend, diesen könne man auch später im Betrieb noch angehen. Garantieren könne und wolle er bei Baumaßnahmen nichts. Zacharias weiter: „Fakt ist aber: Wenn wir das heute nicht beschließen, dann werden mindestens 25 Kinder keine Hortbetreuung haben.” Und da war sie, die Pistole auf der Brust der Stadträte.
Frank Apitz (CDU) ergriff daraufhin das Mikro und konstatierte, dies sei alles nur die Hälfte der Wahrheit. Er bezweifle nicht, dass die Hortunterbringung nötig sei. Es sei aber nicht abzusehen, ob sie wirklich erfolgen müsse. „KB Container sagt, sie schaffen es, die Stadtverwaltung bezweifelt es. Wir sollen jetzt erhebliche Investitionen beschließen in eine Immobilie, die deutlich in die Jahre gekommen ist und in absehbarer Zeit saniert werden muss”, so Apitz. Die CDU werde darum nicht zustimmen.
Christof Heinzerling von der SPD platzte danach hörbar der Kragen. „Alle, die hier sitzen, haben zugestimmt, dass wir jetzt diesen Anbieter haben”, sagte er und beantragte eine namentliche Abstimmung. Im Nachgang sagte er gegenüber Taucha kompakt, dass dies in 30 Jahren das erste Mal gewesen sei, dass über einen Beschluss namentlich abgestimmt werde. „Ich wollte der Verwahrlosung Einhalt gebieten”, so Heinzerling.
Bürgermeister Tobias Meier erinnerte daran, dass Verwaltung und Stadtrat in den Ausschüssen seit mindestens Ende 2023 den Gedanken verfolgen, was passiere, wenn die Container abermals nicht zum neuen Schuljahr stehen würden. „Wir haben die Stadträte immer mitgenommen. Schnell kamen wir alle auf den Tausendfüßler. Ich habe keine andere Idee aus diesem Gremium gehört”, so Meier. Es gehe heute um den Grundsatzbeschluss für den Haushalt, damit die Finanzmittel bereit gestellt werden können. „Wer hier dagegen stimmt, stimmt auch dafür dass Kinder nach Schulschluss Mittags nach Hause gehen”, sagte er weiter. Frank Apitz protestierte: „Ich halte das nicht für eine optimale Lösung und werde gern namentlich dagegen stimmen. Eine solche Äußerung wie Ihre schränkt meine freie Meinungsäußerung ein”, erklärte er. Tobias Meier sagte, er sei ein großer Freund von Meinungsfreiheit, es sei ihm ja aber wohl auch gestattet, seine Meinung zu äußern und einer anderen Meinung zu widersprechen.
Gisela Herold von der CDU bat dann um eine Unterbrechung von fünf Minuten, um sich erneut zu beratschlagen. Tobias Meier wertete dies als Geschäftsordnungsantrag, der einstimmig angenommen wurde. Nach der Pause erklärte Klaus Hofmann von der AfD, er möchte dem zustimmen, aber nur um das Geld bereitzustellen. „Um nichts anderes geht es heute”, sagte Tobias Meier.
Die beiden Beschlussvorlagen, die Finanzmittel von maximal 200.000 Euro bereitzustellen und den Tausendfüßler umzubauen, wurden schließlich mehrheitlich angenommen. Es gab zwölf Ja-Stimmen, vier Ablehnungen und zwei Enthaltungen.
Name | 1. Abstimmung | 2. Abstimmung |
---|---|---|
Frank Apitz (CDU) | nein | nein |
Jens Barthelmes (Unabhängige) | ja | ja |
Sigrid Feist (Die Linke) | ja | ja |
Christof Heinzerling (SPD) | ja | ja |
André Hensel (Unabhängige) | ja | ja |
Ilke Henze (SPD) | ja | ja |
Gisela Herold (CDU) | nein | nein |
Klaus Hofmann (AfD) | ja | ja |
Steffi Jentho (B90/Die Grünen) | ja | ja |
Uwe Kreyßig (SPD) | ja | ja |
Sylvia Landherr (SPD) | Enthaltung | Enthaltung |
Tobias Meier (FDP) | ja | ja |
Jochen Möller (FDP) | ja | ja |
Detlef Porzig (CDU) | nein | nein |
Annette Scheller (Die Linke) | ja | ja |
Sigrid Wagner (CDU) | nein | nein |
Axel Weinert (B90/Die Grünen) | Enthaltung | Enthaltung |
Margot Witt (FDP) | ja | ja |