Mit einem ungewöhnlich deutlichen offenen Brief haben sich die Stadt Taucha und die Gemeinde Jesewitz an Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder gewandt. In dem Schreiben vom 13. November 2025 kritisieren die Kommunen scharf den jahrelangen Stillstand bei den Planungen zur B 87n und fordern eine umgehende Wiederaufnahme des Verfahrens. Vor allem Taucha sieht sich durch den stockenden Prozess zunehmend im Stich gelassen. Die Kommune bekommt dabei immer wieder auch den Unmut der Bürgerinnen und Bürger zu hören - der Bürgermeister würde zu wenig tun, heißt es da oft. Doch das Gegenteil ist der Fall.
Rückblickend erinnern die Unterzeichner daran, dass der bundesweit beachtete Dialogprozess zur Trassenfindung bereits im Herbst 2019 abgeschlossen wurde. Die DEGES hatte damals im Auftrag des Bundes mitgeteilt, die Vorarbeiten seien erfolgreich beendet, man könne nun mit der eigentlichen Planung beginnen. Mehrfach wurde eine Vorzugsvariante angekündigt – und ebenso oft wieder zurückgezogen. Seitdem passierte wenig bis nichts.
2021 stimmten die Träger öffentlicher Belange im Raumordnungsverfahren dem Untersuchungsraum und den Inhalten überwiegend zu, die Ergebnisse der breiten Bürgerbeteiligung aus Taucha und Umgebung lagen vor. Doch laut offenen Brief ist offenbar weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung beauftragt worden noch ein Gutachtenpaket, das die Planungen voranbringen könnte.
Tauchas Bürgermeister Tobias Meier, alle Fraktionen des Stadtrats sowie Jesewitz’ Bürgermeister Ralf Tauchnitz stehen geschlossen hinter der Forderung, endlich Klarheit zu schaffen. Dass sich sämtliche Fraktionen der beiden Räte gemeinsam positionieren, ist bemerkenswert – und zeigt den Druck, der sich in der Region aufbaut.
Die Kommunen betonen, dass der Verkehr im Nordraum Leipzig seit Jahren zunimmt. Taucha fungiert als Nadelöhr zwischen Leipzig und Eilenburg, täglich stehen Pendler und Gewerbeverkehr in langen Staus. Aus Sicht der Lokalpolitik führt diese Belastung zu gesundheitlichen Risiken, wirtschaftlichen Nachteilen und wachsender Frustration in der Bevölkerung. „Die Geduld der Menschen in Taucha ist erschöpft“, heißt es im Schreiben. Man erwarte, dass das Ergebnis des Dialogprozesses aus dem Jahr 2019 nun endlich umgesetzt werde.
Verärgert zeigen sich beide Kommunen auch über widersprüchliche Aussagen aus der Landespolitik. Mal hieß es, pandemiebedingte Kostensteigerungen verhinderten neue Aufträge, mal standen im Haushalt keine Mittel bereit, mal sei der Planungsprozess angeblich wieder gestartet. Ein belastbarer Zeitplan fehlt bis heute.
Besonders kritisch wird die Aussage bewertet, der Abschnitt Taucha–Eilenburg werde aufgrund seiner Komplexität auf unbestimmte Zeit zurückgestellt. Für die Kommunen wirkt das wie ein Signal, dass der Freistaat den Ausbau der B 87n in dieser Region über Jahre nicht für realistisch hält – ein Eindruck, der durch die zurückhaltenden Aussagen bei einer IHK-Veranstaltung am 10. November 2025 noch verstärkt wurde.
Aus Sicht der Bevölkerung und der Lokalpolitik in Taucha ist klar: Eine Mehrheit unterstützt den Bau der innerstädtischen Variante, die aus dem Bürgerdialog hervorgegangen ist. Viele Bürger betrachten die B 87n nicht als optionales Projekt, sondern als dringend benötigtes Entlastungsinstrument, das dem Wachstum des Leipziger Nordraums Rechnung trägt.
Gleichzeitig zeigt die Diskussion um das Projekt, wie groß die Spannungen zwischen Verkehrs-, Umwelt- und Raumplanung im dicht besiedelten Korridor Leipzig–Eilenburg sind. Während Umweltschützer seit Jahren vor Eingriffen in das Parthesystem warnen, betonen die Kommunen, dass die vorhandenen Ortsdurchfahrten und Pendlerströme längst an der Grenze der Belastbarkeit angekommen seien.
Deutlich wird vor allem eines: Taucha und Jesewitz haben genug von Ankündigungen. Sie wollen Planungssicherheit – und einen verbindlichen politischen Willen, das Projekt tatsächlich anzugehen. Zum Abschluss des offenen Briefes kündigen sie an, Stimmen und Fragen der Bürgerschaft zu sammeln und direkt an den Bund weiterzureichen.
Wenn Bund und Freistaat nicht reagieren, droht das Vertrauen in das Verfahren weiter zu erodieren – während der Verkehr in Taucha täglich weiter rollt.